Du warst sicher schon einmal in so einer Situation: Ein Konflikt bahnt sich an, die Emotionen nehmen zu, die Worte werden schärfer und die Situation eskaliert völlig.
Vielleicht handelt es sich um einen Streit mit einer Arbeitskollegin, einem Freund oder einem Familienmitglied. Was auch immer der Auslöser des Konflikts ist, du siehst keine Möglichkeit, eine Lösung zu finden…
Die Situation fühlt sich festgefahren an und sowohl du als auch die andere beteiligte Partei fühlen sich verletzt und unverstanden. In diesen Momenten fällt es uns oft schwer, einen klaren Kopf zu behalten und die Dinge objektiv zu betrachten.
Das ist der Moment, in dem Mediation ins Spiel kommt!
Meditation, was? Das ist doch diese langweilige Praktik, bei der man stundenlang still auf seinem Kissen sitzt – oder?
Nein, keine Sorge! Ich rede von Mediation – mit nur einem t 😉
“Mediation”, dieses Wort kommt aus dem Lateinischen – wie fast alles, oder? – und bedeutet dort “Vermittlung” oder “Schlichtung”. Mediation ist eine Konfliktlösungsmethode, die in den 1970er Jahren als Alternative zum Gerichtsverfahren entwickelt wurde.
Im Gegensatz zum Gerichtsverfahren, bei dem ein Urteil gefällt wird, aus dem in der Regel eine Seite als Verlierer hervorgeht, legt die Mediation ihren Fokus auf einen erfolgreichen Ausgang für beide Seiten. Eine klare Win-Win-Lösung ist also das Ziel.
Bei einer Mediation gibt es daher eine unabhängige und allparteiliche Person, die den Prozess moderiert und gemeinsam mit den Konfliktparteien eine Lösung erarbeitet, die von allen Beteiligten angenommen werden kann.
Um nun diesen Holy Grail, die Win-Win-Lösung auch wirklich zu finden, können dir folgende drei Schritte helfen:
- Aktives Zuhören
- Offene Kommunikation
- Versöhnung
Klingt absolut einfach, oder?
Manchmal sind aber gerade die einfachsten und offensichtlichsten Prozesse die schwersten. Damit du auch wirklich verstehst, was hinter all diesen Punkten steckt und zum Prozess gehört, lies bis zum Ende, denn ich habe die einzelnen Schritte für dich näher aufgeschlüsselt.
Inhaltsverzeichnis
Aktives Zuhören
Ich glaube, wir sind uns einig, dass zu jeder Konversation aktives Zuhören dazugehört, oder? Doch diese ganz einfache Basisregel wird leider so oft missachtet!
Ich war bereits selbst oft Zeuge von Gesprächen, in denen die beteiligten Personen ganz offensichtlich aneinander vorbeigeredet haben. Oft passiert das, weil wir uns schon während des Gesprächs überlegen, was wir auf die Aussage des Gegenübers antworten.
Dabei wandert unser Fokus aber weg von dem, was das Gegenüber sagt, wir beschäftigen uns nur mit unseren eigenen Gedanken.
Aufmerksamkeit kannst du trainieren – mit Achtsamkeit zum Beispiel. Dabei geht es darum, ganz im Moment zu sein.
Falls du bei dem Wort Achtsamkeit schon die Augen verdrehst, weil jeder es benutzt, versuche es mit diesem ganz einfachen Trick:
Bleibe in Konversationen wirklich ganz bei dem, was dein Gegenüber sagt. Überlege dir erst deine Antwort, wenn der oder die andere fertig gesprochen hat. Vielleicht wirst du schon bald merken, wie viel ehrlicher und tiefer euer Gespräch dadurch geworden ist.
Eine andere Möglichkeit, weshalb aktives Zuhören oft scheitert, zeigt sich besonders oft in Konfliktsituationen: Weil ein Bedürfnis verletzt wurde und ihr daraufhin auf anderen Ebenen kommuniziert.
Dazu kannst du gerne einmal das Vier-Ohren-Modell nachschlagen.
Vielleicht kennst du diese Situation aus deinen Beziehungen: Manchmal erzählst du von einem Problem und bekommst direkt eine Lösung angeboten.
In diesem Moment ist es dir aber gerade nicht so wichtig, das Problem direkt zu lösen, sondern du möchtest einfach nur kurz in den Arm genommen werden und so die Unterstützung der Person fühlen.
Da kann es helfen, sich gegenseitig zu fragen: Möchtest du gerade eine rationale Lösung oder lieber erstmal emotionale Unterstützung?
Wende diese Frage in deinen Beziehungen an und du wirst sehen, wie sie sich schon bald positiv verändern können.
Konflikte entstehen in der Regel, weil man sich nicht richtig zugehört hat, aneinander vorbeigeredet hat. Die eben genannten Faktoren kannst du üben, bevor es zu einem Konflikt kommt. Sie helfen dir, potenziellen Konflikten direkt den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Bist du aber schon so weit, dass du voll im Konflikt drinstehst, dann sind diese Tools nicht mehr ausreichend.
Jetzt geht es wirklich darum, sich in die andere Person einzufühlen. All das, was du vorher zum Thema Zuhören gelernt hast, kommt dir hier zugute.
Denn wenn dein Konfliktpartner seine Seite der Auseinandersetzung erzählt, solltest du wirklich nur zuhören.
Dabei geht es darum, dass du versuchst, zu verstehen, wie sich dein Gegenüber fühlt. Ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen kommt dir dabei zugute – das ist aber auch lernbar.
Vielleicht erkennst du im Gespräch sogar, welche Bedürfnisse bei deinem Gegenüber gerade verletzt wurden. Wenn nicht, macht das auch nichts.
Im Endeffekt ist es wichtig, dass du genau hinhörst. Und dann die Sichtweise deines Gegenübers mit deinen eigenen Worten wiederholst.
So kannst du Klarheit darüber schaffen, ob du auch wirklich richtig verstanden hast.
In der Fachsprache nennt man das “paraphrasieren”. Diese Fähigkeit kannst du dir im gesamten Lösungsgespräch des Streits beibehalten und auch immer wieder zwischendurch anwenden.
Dein Gegenüber wird dir dankbar sein für diese Methode. So gibst du ihm oder ihr auch die Gewissheit, richtig verstanden worden zu sein.
Und sind wir uns ehrlich – jede:r möchte gerne verstanden werden!
Offene Kommunikation
Im zweiten Teil darfst du aktiv werden: Erzähle deinem Gegenüber, wie die Situation für dich ist.
Spüre dafür einmal in dich: Welche Gefühle sind gerade präsent? Sprich sie aus!
Auch, wenn du wütend, traurig, beleidigt oder verletzt bist. Sprich alles aus.
Somit gibst du deinem Gegenüber die Chance, dich besser zu verstehen. Und auch du selbst lernst dich selbst und deine Emotionen besser kennen.
Natürlich gibt es auch Kontexte wie beispielsweise auf der Arbeit, da möchte man nicht so gerne über seine intimen Gefühle sprechen – auch das ist in Ordnung.
Im Unterschied zum vorherigen Schritt geht es hier darum, aktiv bei dir zu bleiben. Nimm dich selbst wahr.
Warum geht es dir, wie es dir gerade geht? Was hat dazu geführt, dass du so aufgebracht wurdest?
Diese Fragen solltest du auch auf der Arbeit aussprechen, sie sind der Schlüssel zum Erfolg.
Dabei ist es ganz wichtig, dass du bewusst auf deine Sprache achtest! Dabei kann dir NLP helfen, denn es beschäftigt sich im Grunde genau mit einer gezielten Sprachverwendung.
In Konflikten geht es jedoch um einige wenige, spezifische Wörter, die du vermeiden solltest:
Zum Beispiel das Wort “du”. Natürlich ist dieses Wort nicht ganz verboten, aber speziell wenn du erklärst, warum es dir in diesem Konflikt schlecht geht, solltest du Anschuldigungen vermeiden.
“Du störst immer die Firmenmeetings!”
oder
“Du kümmerst dich nie um den Haushalt!”
Vielleicht erkennst du mit diesen Beispielen sofort, was ich meine: Diese Beispiele sind klare Du-Botschaften. Achte also darauf, dass du die andere Person nicht mit Vorwürfen überschwemmst.
Das führt in der Regel dazu, dass diese in Verteidigungsmodus geht. So entsteht auf der einen Seite das Gefühl von Ohnmacht, während du gezielt Macht ausübst.
Dein Gegenüber wird sich nicht verstanden fühlen und dir nicht mehr richtig zuhören wollen. So schaukelt sich der Konflikt weiter auf und eine wertschätzende Konversation wird nicht mehr möglich.
Ich-Botschaften
Im Gegensatz dazu gibst du durch die Verwendung von Ich-Botschaften deinem Konfliktpartner die Möglichkeit, deine Perspektive besser nachzuvollziehen, du holst ihn sozusagen “in dein Boot”.
In den oben genannten Beispielen könnte eine Ich-Botschaft folgendermaßen ausschauen:
“Es verwirrt mich, wenn ich während eines Firmenmeetings unterbrochen werde. Dann verliere ich den Faden und es kostet mich viel Anstrengung, meine Idee fertig auszudrücken. Ich fühle mich dadurch nicht wertgeschätzt und verunsichert.”
“Ich fühle mich überfordert mit der vielen Arbeit im Haushalt. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam einen Plan ausarbeiten, um ein Gleichgewicht zu finden und eine stressfreie Umgebung zu schaffen.”
Indem du deine eigenen Gefühle und Bedürfnisse kommunizierst, schaffst du Raum für Verständnis und Empathie und erhöhst die Chancen, eine gemeinsame Lösung zu finden.
Gleichzeitig übernimmst du so die Verantwortung für deinen Anteil an der Situation und drückst auch klar aus, was du dir zur Lösung wünschst.
Generalisierungen
Es gibt aber noch andere kleine Wörter, die dir in Konflikten einen Stein in den Weg legen: Generalisierungen. Ganz besonders universelle Mengenangaben solltest du vermeiden. Zwei Beispiele dafür hast du ja schon gehört:
“Du störst immer die Firmenmeetings!” oder “Du kümmerst dich nie um den Haushalt!”
In solchen Fällen ist es wahrscheinlich, dass diese Wörter besonders emotionalisierend wirken und deinem Gegenüber besonders sauer aufstoßen. Diese Generalisierungen stimmen in der Regel nicht, es gibt immer Ausnahmen.
Oft führen sie zu Frustration, weil sie keine Möglichkeit zur Veränderung oder Verbesserung offenlassen.
Wenn du deine Vorwürfe durch Ich-Botschaften ersetzt, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass damit auch das Generalisierungs-Problem gelöst ist.
Ansonsten kann es dir helfen, wenn du spezifische Situationen und Beispiele nennst, um Missverständnisse und unfaire Beurteilungen zu vermeiden.
Nachdem also jeder die Möglichkeit hatte, sich in diesem Konflikt zu offenbaren, seid ihr an einem Punkt angekommen, an dem ihr mehr Verständnis für eure gegenseitige Situation habt. Ihr habt beide einen guten Überblick und könnt den Prozess an sich besser verstehen.
Je nach Situation ist es natürlich möglich, dass du zuerst von deiner Sichtweise erzählst und danach dein Gegenüber sprechen lässt, die Grundintention bleibt aber gleich.
Versöhnung
Sobald ein besseres gegenseitiges Verständnis gegeben ist und jeder seine eigene Intention preisgegeben hat, könnt ihr eine gemeinsame Intention erarbeiten.
Was bewegt dich in diesem Konflikt? Was denkt ihr beide darüber? Was ist etwas, wovon ihr beide profitiert?
Das ist dann euer Weg zur Win-Win-Lösung.
In diesem Schritt hilft es, ein bisschen “outside the box” zu denken: Was ist mir besonders wichtig an dieser Lösung?
Gibt es für mich vielleicht mehrere Wege, dieses Bedürfnis zu stillen?
Oft sind wir so auf die eine Lösung fixiert, doch wenn wir uns erlauben, uns auf das Bedürfnis zu fokussieren, dann finden sich in der Regel mehrere Möglichkeiten einer passenden Lösung.
Vielleicht denkst du, dass der Konflikt jetzt gelöst ist, denn die Lösung wurde ja gefunden.
Dabei vergisst du aber, dass beide Parteien eventuell noch verletzt oder zumindest verstimmt sein könnten vom Konflikt. Daher ist es sehr wichtig, sich am Ende zu entschuldigen und zu vergeben.
Das ist wieder eine Form von Verantwortung übernehmen: Damit zeigt ihr einander, dass euer beider Verhalten zu dem Konflikt beigetragen hat und gesteht euer Fehlverhalten ein.
Das ist besonders für die Zusammenarbeit in der Zukunft förderlich, denn so wird nicht nur der gegenseitige Respekt wiederhergestellt, sondern auch das Vertrauen. In weiterer Folge kann die Beziehung so wieder aufblühen.
Eine Vergebung senkt auch das Stressniveau und führt dazu, dass ihr beide euch wieder beruhigen könnt und sich Erleichterung breit macht.
Ich hoffe, diese Punkte helfen dir in deiner Konfliktlösekompetenz weiter. In der Ausbildung zum/zur zert. Mediator:in lernst du all diese Stufen und natürlich viele weitere Tools, um erfolgreich mit Konflikten umzugehen.
Falls du genauso für das Thema brennst wie ich, kannst du dich gerne unverbindlich für den Mediations-Report anmelden. Darin findest du alle Informationen zur Ausbildung und auch ein paar darüber hinaus.
Ich würde mich freuen, wenn wir uns bald persönlich kennenlernen!
Bis dahin wünsche ich dir – kein Leben ohne Konflikte, denn dann würdest du nicht wachsen.
Aber ich wünsche dir eine Zeit voller positiver, förderlicher Konflikte, die dich weiterbringen und dir neue Seiten aufzeigen! 🙂
Bis dann,
Paul